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Aber nicht nur die Theorie ist anspruchsvoll, sondern auch die Praxis, und auch die muss geübt werden. Dazu fand vom 8.-15. Mai 2009 eine gemeinsame Übungswoche in Kiel-Schilksee statt mit anschließender praktischer Prüfung durch die Prüfer des DSV. Leider fanden nur fünf von den Kursteilnehmern die Zeit, an der Übungswoche und der Prüfung teilzunehmen.

Zunächst zum Schiff:

Wegen  Mindestanforderungen hinsichtlich der Größe und Ausrüstung (Wasserlinienlänge mind. 9 m, Radar, etc.) kommt nun mal nicht jede Yacht in Frage.  Die SY „ Rhe“, Vereinsschiff des SCRhe,  ist gut geeignet und stand glücklicherweise zur Verfügung. Schiffsführer und Ausbilder war Sven Fleischer (SCRhe), der das nicht zum ersten Mal machte. Er hatte absolut Recht, als er sagte, dass außer dem Schiffer fünf Mann Besatzung das Mindeste seien in Anbetracht der zahlreichen und schwierigen Manöver. Wir kamen mächtig ins Schwitzen.


Wir SSS-Anwärter gingen am Freitag, dem 8.5.09 abends im Hamburger Yachthafen an Bord des „Rhe“. Wir, das sind vom SCRhe Alexander Hansen und Andreas Schmidt (zeitweise als Verstärkung, da Jens und Jörn am Mittwoch und Donnerstag verhindert waren) und von der SVAOe Michael Müller, Jens Röschmann, Jörn Wille und Stephan Lunau. Zum Auftakt der Ausbildung war zunächst die Überführung des „Rhe“ nach Schilksee angesagt. Nach dem allgemeinen Bekanntmachen führte Sven ordnungsgemäß eine Sicherheitseinweisung durch. Am Sonnabendmorgen klingelte wegen der Tide bereits um vier Uhr der Wecker. Wir liefen um 0530 aus, segelten ganz entspannt aber mit schneller Fahrt bei SW 3 und mit der aufgehenden Sonne im Rücken die Elbe hinunter und erreichten schon um 0830 die Schleusen von Brunsbüttel. Schon auf diesen 30 sm zeigten sich die sehr guten Segeleigenschaften des „Rhe“. Und das, obwohl wir von Wedel nach Brunsbüttel als „Fenderschiff“ fuhren; ein Fender hing außenbords. Seitdem gab es ein spezielles Kommando: „alle Fender rein“. Ohne Wartezeit konnten wir direkt in die Schleuse einlaufen und nutzten die Kanalfahrt, um das Schiff und seine Innereien, vor allem die Navigationsausrüstung, kennen zu lernen. Das Radar war, wie zu erwarten, die größte Herausforderung für uns Azubis (Anwärter). Als kleine Schwierigkeit kam  hinzu, dass sich durch einen defekten REED-Kontakt die Vorausrichtung des Radarbildes im Laufe der Zeit um 360° änderte. Es war schon interessant, voraus die Eisenbahnbrücke von Rendsburg zu sehen, während das Radarbild diese in ca. 7-Uhr-Position anzeigte, und das, obwohl die Anzeige auf „head-up“ eingestellt war. Wir erreichten um ca. 1700 die Schleusen von Holtenau und mussten (wie immer vor Holtenau) einige Zeit warten, um in die Ostsee entlassen zu werden.


Am Sonntag fing dann für uns die eigentliche Praxis an. Besonders nach den ersten  Hafenmanövern kam zumindest bei mir das Gefühl auf, nicht mehr allzu viel vom Bootfahren zu verstehen. Die Verdrängung des „Rhe“ beträgt das Doppelte meines eigenen Schiffes, die Maschinenleistung ist im Vergleich deutlich unterdimensioniert. Hafenmanöver sind mit dem „Rhe“ vor allem bei mehr Wind in engen Häfen nur mit einer gut eingespielten Besatzung und guten Leinenmanövern sicher durchzuführen. Nach diversen Manövern, die wir abwechselnd als Rudergänger fuhren, zeigte sich ein deutlicher Trainingseffekt. Das Gleiche galt für die Manöver unter Segeln. Neben den Standard- „Boje-über-Bord-Manövern mit Q-Wende und Halse“ probierten wir aus, was das Lehrbuch hergibt, also auch das  „Quick-Stop-Manöver“  und das „Manöver mit Beidrehen“. Ersteres ist tatsächlich das schnellste und am besten geeignete Manöver in einer solchen Situation, vor allem bei kleiner Besatzung. Es ist nur ungewohnt, und jeder, der es sicher fahren will, muss es eben mit seiner Besatzung trainieren.

Zwei kurze Unterbrechungen der Ausbildung gab es: Am Montag wurde eine neue Genua III geliefert, und am Mittwoch wurde das Radargerät repariert, so dass es zur Prüfung voll einsatzfähig war. Am Dienstagabend kam unser Kurs-Organisator Götz noch vorbei, um uns moralisch zu unterstützen. Bis zum Mittwoch herrschten Idealbedingungen (N- NE  mit 3-4 Bft und Sonnenschein). Wir hatten das Glück, die unter Vollzeug in die Kieler Förde einlaufende „Gorch Fock“ begrüßen zu können; mit Michael am Ruder umkreisten wir das Schulschiff und konnten schöne Photos machen. Am Donnerstag nahm der Wind deutlich zu, der Sonnenschein blieb uns aber erhalten. Damit wurde es spannend, denn die bisher herrschenden Idealbedingungen würden am Prüfungstag sicher nicht herrschen. Die Wettervorhersage sprach von E 6, in Böen 7-8 Bft. Wir hatten insofern Glück, als wir, bis auf Jens & Jörn, die am Mittwoch und Donnerstag arbeiten mussten, die  Manöver nun bei mehr Wind und Welle üben konnten. Unsere Büro-angepassten Körper wurden  endlich reichlich gefordert. In der Nacht zum Freitag hatte der Wind dann dem Wetterbericht entsprechend nochmals zugenommen, LT Kiel meldete E 6-7, in Böen 8 Bft. Damit wurde es fraglich, ob wir die Prüfung überhaupt durchführen können würden.  Schilksee liegt bei dieser Windrichtung bekanntlich auf Legerwall. Wir besprachen die Lage mit Sven, der als Schiffsführer natürlich zu entscheiden hatte, ob er auslaufen würde oder nicht. Notfalls hätten wir in den sauren Apfel gebissen und versucht, einen neuen Prüfungstermin auszuhandeln.

Die Prüfer kamen pünktlich um 10.00 und stellten fest, es sei nicht gerade wenig Wind, aber gerade richtig für ein Schiff wie den „Rhe“. Die Hafenmanöver würde man in Laboe unter Landabdeckung prüfen. Damit waren die Zweifel ausgelöscht und die Prüfung begann. Jörn fuhr dem Seitenwind entsprechend souverän einen sportiven Ableger. Dann ging es hinaus in die Strander Bucht, um die Bojenmanöver zu fahren. Einer nach dem anderen fuhr seine Kringel, und die meisten klappten entsprechend den Bedingungen gut. Im Ernstfall wäre es einer außenbords gegangenen Person mit Sicherheit sch...egal, ob das Schiff genau dann zum Stehen kommt, wenn sich die Person auf Höhe der Wanten befindet. Aber in der Prüfung wird alles nach Lehrbuch verlangt.
Parallel wurden immer ein bis zwei Prüflinge unter Deck gebeten, um dort Fragen zu Ausrüstung, Navigation, Wetter zu beantworten bzw. entsprechende Aufgaben zu lösen. Nachdem jeder bereits an Deck nicht nur prüfungsbedingt in Schweiß kam, war dies natürlich nicht so richtig angenehm. In mehr oder minder vollem „combat suit“ (wie Jens es nannte) kam der eine oder andere unter Deck dann richtig in Schweiß. Das Radargerät war, was Wunder, dabei die größte Herausforderung. Bei der Welle in der Strander Bucht eierte der „Rhe“ natürlich auch etwas, insbesondere durch die ständigen Manöver. Dabei eine vernünftige RaSP (Radar-Seitenpeilung) hinzubekommen, war schon ein Kunststück. Die Hafenmanöver wurden in Laboe in relativer Ruhe (Landabdeckung) geprüft; das schonte unsere Nerven (und die des Schiffers). Anschließend ging es wieder retour nach Schilksee, wo uns Götz bereits voller Neugier erwartete. Die Prüfer werteten ihre Aufzeichnungen aus, verkündeten das Ergebnis, wünschten uns weiterhin viel Erfolg für die noch ausstehenden theoretischen Prüfungen und zogen von dannen. Insgesamt dauerte die Prüfung ca. 3 ½ Stunden. Mir kamen sie länger vor. Einer von uns hat leider nicht bestanden. Das Radargerät wurde ihm zum Verhängnis. Aber bei der Wiederholung wird er es schaffen.


Resümée:
Für die Praxisausbildung sollten nicht weniger als 4 Tage eingeplant werden. Der Prüfungserfolg hängt entscheidend davon ab, dass die Besatzung gut aufeinander eingespielt und mit dem Schiff vertraut ist. Das ist für das Segeln oder für andere Bereiche des Lebens sicher keine neue Erkenntnis. Jeder,  der den SSS erwerben will, muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass es nicht reicht, einen Lehrgang zu besuchen und anschließend die Prüfung auf irgend einem x-beliebigen Schiff mit einer zufällig zusammengewürfelten Mannschaft zu absolvieren. Zumindest dann nicht,  wenn das Ganze erfolgreich sein soll. Neben den eigentlichen Manövern wird auf die Qualitäten des jeweiligen Prüflings als Schiffsführer  geachtet, d.h. es wird beurteilt, wie die Mannschaft vom Prüfling auf die Manöver vorbereitet wird, und wie souverän diese dann durchgeführt werden.

Der Sportseeschiffer-Schein hat es in sich, nicht nur, was die praktischen Kenntnisse betrifft. Auch für die theoretischen Prüfungen in vier Fächern (Navigation, Seemannschaft, Schifffahrtsrecht und Wetterkunde) muss ein erheblicher Lernaufwand betrieben werden, um den umfangreichen Stoff zur Prüfung parat zu haben. Das Durchfallen geht ganz fix, ich spreche da aus Erfahrung.

Nichtsdestotrotz sind wir uns einig, dass diese Ausbildung für jeden Schiffsführer sinnvoll ist, speziell dann, wenn nicht nur vor der Tür bei 3-4 Windstärken und eitel Sonnenschein gesegelt werden soll.


Unser Dank gilt Götz- Anders Nietsch, der den Lehrgang als Obmann exzellent organisiert und betreut hat sowie Sven Fleischer, der uns als Schiffsführer ebenso exzellent  anleitete und als Smutje (!) zudem für unser leibliches Wohl sorgte. Dem SCRhe danken wir für die Bereitstellung des gerade frisch lackierten „Rhe“. Außer einem zerbröselten Fenderbrett sowie einer geköpften Bojen-Laterne hat er uns schadlos überstanden.


P.S. Frage des Tages am Donnerstag: „Warum tun wir uns das eigentlich an?“ Inzwischen ist die Frage beantwortet.

 

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