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17.2.2013, Götz-Anders Nietsch. Das satellitengestützte Navigationssystem GPS (Global Positioning System) ist uns Seglern derart vertraut geworden, dass wir uns kaum noch vorstellen können, wie wir vorher navigiert haben. Die Präzision, die Zuverlässigkeit, die Vielzahl der Nutzungen und nicht zuletzt der erschwingliche Preis sind so außerordentlich, dass selbst hartleibigste Vertreter des klassischen, musealen Segelns, derer wir in der SVAOe gar nicht so wenige haben, ohne zu erröten ihre Ortsbestimmung mit Hilfe der künstlichen Gestirne machen (lassen). Ist ja auch nur vernünftig und trägt erheblich zur Sicherheit auf See bei. Eigentlich sollten wir jetzt abbrechen, um nicht zu sagen, was alle schon gesagt haben.

Und dennoch gibt es Neues. Schon immer stieß ein wenig unangenehm auf, dass es das amerikanische Militär war, das das GPS-System betrieb. Großzügigerweise darf es von allen, sogar den erbittertsten Gegnern, kostenlos mitbenutzt werden. Aber wer kann es den USA verübeln, wenn sie in Krisenregionen – irgendwo ist immer ein Brandherd – die Genauigkeit so herabsetzen, dass der Feind, wenn er sich danach richtet, daneben schießt. Sollten wir uns mit unserem Boot in der Nähe befinden, so wäre unser angezeigter Standort so ungenau wie nach drei Tagen Koppeln mit Relingslog bei schlechter Sicht. Da wir solche Regionen normalerweise nicht aufsuchen, fühlen wir uns allerdings nicht betroffen. Wir mögen uns auch nicht vorstellen, dass unsere eigenen Reviere einmal zum Krisenherd werden. Der gesamte Wirtschaftsverkehr auf der Welt, Kraftfahrzeuge, Flugzeuge, Schifffahrt, ist hingegen extrem abhängig von einem präzisen Navigationssystem und könnte durchaus betroffen sein. Was Wunder also, dass andere große Mächte, Russland (GLONASS), China (COMPASS) und auch die EU(Galileo), eigene, von den USA unabhängige Systeme auf den Weg brachten. Man möchte eben gerne selbst die Hand am Schalter haben und nicht von anderen abhängig sein.

In Europa war der Name des neuen Projekts das erste, worauf man sich einigen konnte. Der frühe italienische Naturwissenschaftler Galileo Galilei (klingt wie Peter Peters in Hamburg), der als überzeugter Kopernikaner der Kirche mit ihrer Lehrmeinung von der Erde als Zentrum des Universums die Stirn bot („und sie bewegt sich doch!“), wurde zum Namenspatron. Gut gewählt, wie der Verfasser meint. Die 1990er Jahre gingen mit Absichtserklärungen drauf und mit der Bewältigung von Hindernissen, denn die USA waren natürlich dagegen, dass hier ein eigenes System entstand. Im Jahr 2003 einigten sich die beteiligten Staaten über die Finanzierung. Das Geld sollte vorwiegend im EU-Agrarsektor eingespart werden. Wahrscheinlich waren landwirtschaftlich geprägte Staaten gerade nicht anwesend. Immerhin wurden 1,7 Mrd. Euro bis 2007 durch Planungsaufgaben aufgezehrt, bis die Uneinigkeit zu groß wurde. Alle Aufträge wurden zurück gezogen. Man dachte schon: „Aus dem Projekt wird nie etwas.“

Doch es wurde neu nachgedacht, und neue Partner wurden gefunden. Dann entwickelte sich Galileo zielgenau weiter. Nach einer Testphase begann 2011 die Errichtungsphase. Das Hamburger Abendblatt berichtete am 8.Februar 2013, dass Ende dieses Jahres vier Satelliten im Umlauf sein sollen. 2014 kommen zehn hinzu, 2015 weitere acht. Der Endausbau mit 30 Satelliten wird voraussichtlich 2020 abgeschlossen sein. Eine öffentliche Nutzung wird wohl schon Ende 2014 möglich sein. Also gute Nachrichten. Denn, seien wir ehrlich, wer hätte gedacht, dass bei den Verzögerungs- und Kostensteigerungsmeldungen aller anderen Großprojekte ausgerechnet Galileo ein Erfolg werden würde?

Und wie verändert sich die Navigations-Zukunft bei uns an Bord? Sicher werden wir unsere GPS-Geräte nicht wegwerfen und neue Empfänger kaufen müssen. Das GPS-System wird es weiterhin geben und sogar verfeinert werden. Als Segler auf Nord- und Ostsee reicht uns das völlig. Trotzdem wird die nächste Generation der Satellitennavigations-Geräte wohl gleichermaßen empfangsbereit sein für die Daten von GPS, Galileo und GLONASS, denn Verträge sichern die gegenseitige Kompatibilität. Die 2 bis 3-fach höhere Genauigkeit, die versprochen wird, ist für uns eigentlich nicht nötig. Sie übersteigt bei weitem die Genauigkeit der Seekarten. Da kommt auf die hydrographischen Dienste einiges hinzu.

Und die absichtliche Störbarkeit des GPS-Signals im Konfliktfall? Wird sie durch die Konkurrenzsysteme nebensächlich? Durchaus nicht. Denn mit der Einigung der Systembetreiber über die Frequenz- und Datenkompatibilität hat man sich auch darüber abgestimmt, dass es zumindest für die offenen Dienste keine Garantie für eine ständige Verfügbarkeit und eine Unverfälschbarkeit geben wird. Zwar sind die Systeme unabhängig voneinander, was schließlich der Grund für ihre Errichtung war, aber unbeeinflussbar sind sie nicht. Trösten wir uns damit, dass es Nutzer der Satellitennavigation gibt, die in viel höherem Maße von ihr abhängen als wir paar Segler. Bis zum bittersten Ernst wird man hoffentlich auf sie Rücksicht nehmen. Wir aber sind gespannt, was der Markt uns ab 2014 an neuen Geräten anbieten wird.

Quellen:

www.wikipedia.org

www.esa.int

www.spaceinimages.esa.int/Galileo_IOV_in_orbit

www.astrium.eads.net

 

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