Kalt, regnerisch, alte See und doch ein Highlight!
Die deutsche Meisterschaft in der J/24
Fabian Damm, 9.10.2019
Der Niendorfer Yacht Club, bei Timmendorfer Strand, veranstaltete dieses Jahr die deutsche Meisterschaft der J/24 Klasse und sowohl „Juelssand“ als auch „Hungriger Wolf“ waren natürlich dabei. Der Wetterbericht versprach für Anfang Oktober nichts Gutes, und so waren wir froh, eine Ferienunterkunft in Fußgängernähe ergattert zu haben, und dass wir uns nicht entschlossen hatten, auf dem Vereinsgelände zu zelten. Ganze 21 Boote waren gekommen. Darunter waren nicht nur die üblichen aktiven Teams sondern auch einige fast vergessene alte Hasen. Für „Hungriger Wolf“ war die Teilnahme nicht nur deshalb interessant, sondern auch, weil es die optimale Vorbereitung zur J/24 Weltmeisterschaft in Miami sein würde, die schon zwei Wochen später starten sollte. Wir wollten unsere neuen Segel ausprobieren, die wir in fast ungebrauchtem Zustand einem amerikanischen Teilnehmer der Kieler Woche abgekauft hatten und die wir zur WM mitnehmen würden. Ein letztes Mal konnten wir hier unseren Trimm kontrollieren, Manöver verinnerlichen und aus taktischen Fehlern lernen. In Miami mit fast 90 Booten auf einem Kurs würde jeder Fehler oder mangelnder Bootsspeed dann doppelt bestraft werden.
Der Verein hatte für den Vormittag vor den ersten Wettfahrten einen Autokran bestellt, und so reisten alle Teams am Mittwochabend bei Regen an und halfen sich am Donnerstagmorgen gegenseitig, noch vor dem Kranen und ohne dass es aufgehört hatte zu regnen, die Masten zu stellen. Nachdem alle Boote aufgebaut und im Wasser waren, ging es auch schon los. Wir hatten nur schwachen Wind, aber hatten mit einer alten Dünung aus Nordost zu kämpfen. Die Lübecker Bucht ist in dieser Richtung bis zur Südküste Schwedens offen, und so rollen die Wellen noch einen bis zwei Tage, nachdem der Starkwind vorbei ist, aus der alten Richtung heran. Durch die hohen Wellen und den wenigen Wind schaukelten und stampften die Boote durchgehend auf allen Kursen. Es war schwierig, Fahrt im Schiff zu halten und unmöglich, die gewohnten Wende- und Halsenwinkel zu fahren. Das Schlagen der Segel und der sporadische Regen taten ihr Übriges, so dass wir nicht traurig waren, dass uns die Wettfahrtleitung schon nach zwei Wettfahrten in den Hafen schickte.
Der nächste Tag bot, mit ähnlicher Windstärke und ähnlicher Regenfrequenz, aber ohne die alte See, etwas bessere Bedingungen, und so wurden es an diesem Tag ganze vier Wettfahrten. Nach insgesamt sechs Rennen war nun langsam klar, dass ganze fünf Teams realistische Ambitionen auf den Sieg haben durften, wobei Jan Kähler klar die Nase vorn hatte. Wir waren recht glücklich auf Platz drei und überlegten Strategien, um uns noch zu verbessern.
Am Sonnabend hatten wir solide fünf Windstärken aus Nordost und durch den langen Fetch rollte eine amtliche Dünung in die Bucht. Die Wettfahrtleitung beschloss noch vor dem Rausfahren eine Startverschiebung, da es nur schwer möglich sein würde, Regattabahn und Startboot zu verankern. Wir nutzten die Zeit für einen Ausflug und ein Stück Kuchen in Travemünde. Natürlich im Regen. Unser Ölzeug hatten wir glücklicherweise schon morgens angezogen.
Der Wellengang wurden zwar nicht weniger, aber dennoch schickte uns die Wettfahrtleitung am Nachmittag für eine Wettfahrt aufs Wasser. Was für ein Spaß! Bei 1,5 Meter Wellenhöhe kam sogar die schwere J/24 locker ins Gleiten. Wir fuhren zwar eine schlechte Startkreuz, konnten aber durch vollen Einsatz beim Pumpen der Schoten vor dem Wind (ein Mal pro Welle ist erlaubt) auf den dritten Platz vorfahren. Gerne wären wir noch ein Rennen gesegelt, aber das konnte der Veranstalter seinem Team auf dem Startboot nicht zumuten.
Für den letzten Tag waren noch zwei Rennen geplant. Auf den zweiten Platz mit Team „JJ One“ fehlten uns zwei und auf den ersten Platz mit Team „United 5“ zehn Punkte. Das hieß, wenn der Führende sich keine größeren Schnitzer mehr erlaubte, würde er sicher gewinnen. Es gab zwar wieder eine nervenaufreibende Altwelle bei unstetigem Wind und nur fünf Grad Celsius, aber heute war strahlender Sonnenschein. Gut gelaunt und hochmotiviert fuhren wir hinaus zur Regattabahn. Das erste Rennen war eine Zitterpartie. Zu oft drehte der Wind auf der Kreuz um bis zu 50 Grad. Wähnte man sich grade noch als sicherer Sieger der linken oder rechten Feldseite, so konnte man im nächsten Moment schon Vermutungen anstellen, ob man grade Letzter oder Vorletzter sei. Durch pures Glück bevorteilte uns der letzte Winddreher der Startkeuz. Wir gingen als dritter ums Luvfass und schafften es danach, diesen Platz bis ins Ziel zu halten. Die Erst- und Zweitplatzierten der bisherigen Ergebnisliste waren hinter uns und der Vierte vor uns. Es änderte sich an der Rangfolge zwar noch nichts, aber die Top 4 waren nun so eng zusammen, dass alle im letzten Rennen noch auf den Gesamtsieg hoffen konnten.
Wieder war es spannend bis zum Schluss. Wir glaubten, die richtige Kreuztaktik nun zu kennen und gewannen auch tatsächlich die Startkreuz. Nun galt es, alle Angreifer von hinten zu decken. Ein Ausreißer schaffte es zwar, uns auf dem letzten Vormwinder zu überholen, aber auch den fingen wir noch rechtzeitig wieder ein, so dass wir das letzte Rennen als Erster beendeten. Wir hatten alles getan, was wir konnten und beobachteten nun die Zieldurchgänge der Konkurrenz. Wo waren „United 5“ und „JJ One“? Würden die sich genügend Punkte einfahren, um uns doch noch auf der Gesamtliste vorbei zu lassen? Nach deren Zieldurchgängen fingen wir wild an zu rechnen, aber waren uns keinesfalls unseres Ergebnisses sicher. Etwaige Frühstarts oder Disqualifizierungen konnten auch noch eine Rolle spielen. Alle Teams kranten gemeinsam ihre Boote und erst danach wurde endlich eine Liste ausgehängt. Wir waren Zweiter über alles! Der Sieger hatte einen Punkt weniger und der Dritte einen Punkt mehr als wir. Knapper hätte es kaum sein können. Wir gratulieren Jan Kähler und seinem Team „United 5“ und freuen uns riesig über unser eigenes Ergebnis.
Die Deutsche Meisterschaft der J/24 bot zwar einige wettertechnische Herausforderungen, war aber insgesamt ein ausgesprochen tolles Klassentreffen langjähriger Freunde. Weder kam es auf dem Wasser zu viel Gebrüll oder gar Kollisionen an den Tonnenrundungen, noch gab es viele Proteste. Auch das Abendprogramm ließ nichts zu wünschen übrig. Es startete am Donnerstag, als Laura von der „Juelssand“ zu ihrem Geburtstag zum Abendessen und Kuchenbüffett einlud. Freitagabend war dann die J/24-Jahreshauptversammlung und am Samstagabend ein leckeres Grillbüffett von der Vereinsgastronomie. Alle Crews waren an diesem letzten Abend anwesend. Die Stimmung war ausgelassen und es wurde gelacht und getanzt. Es fiel uns sehr schwer, uns rechtzeitig loszureißen, um zu unserem Leistungsschlaf zu kommen. Wir hatten ja noch große Ambitionen für den nächsten Tag.
Als WM-Vorbereitung war das Event ein Erfolg. Die neuen Segel standen hervorragend und das Boot war im Feldvergleich sehr schnell unterwegs. Beim Abbauen sortierten wir alles, was mit nach Miami soll, in den Vereinsbus und werden es im Laufe dieser Woche zum Transport verpacken. Der Autor dieses Berichts sitzt bereits im Flieger während er diese Zeilen tippt und der Rest der Crew wird am Freitag folgen. Es bleibt spannend!
Wir waren mit unserer Stammcrew unterwegs, die auch nach Miami fährt:
Vorschiff: Thorsten Paech
Mast: Moritz Böök
Pit / Taktik: Jonas Lyssewski
Trimm: Jannik Dühren
Steuermann: Fabian Damm
Titelfoto von Lynn Thomas während der Kieler Woche 2019, Mannschaftsfoto von Team "Hungriger Wolf"
Nachtrag der Redaktion: Die zweite Vereins-J/24 der SVAOe, ”Juelssand” mit dem Damenteam Laura Paech (Steuerfrau), Ragna Thönnessen, Dide Hummelt, Lisa Raschdorf, Janne Höpken, Wiebke Wilts nahmen natürlich ebenfalls an der DM teil und ersegelten einen anerkennenswerten 11. Platz!