Umso erstaunlicher ist es, dass die BSU in ihrem jüngsten Bericht 015/09 vom 15.2.10 eine Empfehlung an ihre vorgesetzte Dienststelle, das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), richtet. Und die lautet wörtlich:
Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung empfiehlt dem BMVBS, zur Verbesserung der Verständlichkeit sicherheitsrelevanter Ausrüstungsvorgaben für Sportboote darauf hinzuwirken, dass die Regelwerke durch klare Formulierungen für jedermann verständlich sind.
Natürlich war dies nicht die einzige Empfehlung aus dem behandelten Unfall. Sie war eher nachrangig, denn die eigentlichen Ursachen des Unfalls waren eine Kette von schier unglaublichen Verstößen gegen den allgemeinen Seemannsbrauch. Aber es ist eine Empfehlung mit Seltenheitswert, und sie spricht für die Unabhängigkeit und Souveränität der BSU.
Was war geschehen? Die Segelyacht TAUBE, ein Kielschwerter von 8,25 Metern Länge, war am 20. Januar 2009 mit sieben jungen Menschen zwischen 17 und 28 Jahren vor der marokkanischen Atlantikküste an einer Hafeneinfahrt gekentert und untergegangen. Sechs Menschen starben, eine junge Frau konnte sich retten. Ein schrecklicher, ein tragischer Unfall. Auf eine detaillierte Schilderung und auf einen Kommentar wird hier verzichtet. Man lese den ausführlichen Untersuchungsbericht. Er hat es in sich.
Die BSU hat sich mit ihren Recherchen viel Mühe gegeben und viel herausgefunden, was ursächlich für den Unfall war. Den Ertrunkenen kann das nicht mehr helfen. Wohl aber allen anderen, die die See befahren wollen, ein Element, das dem Menschen feindlich ist bei aller Freude, die es auch bieten kann.
Diese Feindlichkeit wird umso deutlicher, je mehr der Schiffsführer seine und seiner Mannschaft Erfahrung, die Eignung seines Schiffes und dessen Ausrüstung sowie seine Pflichten unterschätzt. So war es offenbar auf der TAUBE. An mangelhaften oder mangelnden Vorschriften hat es jedenfalls nicht gelegen. Allerdings, so stellt die BSU fest, sind alle Forderungen der verschiedenen Regelwerke für einen Anfänger nicht zu erfassen. Er müsste mindestens sechs Werke studieren, nämlich die Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung, das Schiffssicherheitsgesetz, die Schiffssicherheitsverordnung, die Verordnung über die Sicherung der Seefahrt, die See-Sportbootverordnung und SOLAS. Und alle Werke sind zudem in einer juristischen Fachsprache geschrieben, die ein Verständnis mehr als erschweren.
Aus diesem Grund ist es außerordentlich zu begrüßen, dass die BSU dem zuständigen Ministerium die oben wiedergegebene Empfehlung gibt, die Regelwerke „für jedermann“ verständlich zu formulieren. Vielleicht läuft das auf eine weitere Vorschrift hinaus, eine nur für die Freizeitschifffahrt. Aber wenn sie gut gemacht wäre, lesbar, übersichtlich, verständlich und überzeugend, dann wäre viel geholfen. Eine Garantie gegen Ignoranz wäre sie allerdings auch nicht. Die gibt es nicht.