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Bernd Blohm, 27.11.2013

Gehen wir also chronologisch vor:

Februar 2013: Eis bedeckt die Gewässer, es stellt sich bereits bei etlichen Daumenseglern die Frage, ob man nicht doch besser auf ferngelenkte Eissegler umschwenken sollte. Daher schweift der Blick in den dunklen Winterabenden immer wieder über das lebhaft geführte MM - Forum. Ein Blick erhascht die Rangliste: Platz 7 könnte für die Teilnahme an der Euro reichen. Vielleicht sollte ich das doch mal wieder probieren. Nach 2011 in Schweden konnte ich in 2012 in Spanien leider aus zeitlichen Gründen nicht teilnehmen.

 März 2013: nichts zu machen mit Regatten. Die meisten Gewässer sind zu. Ich begnüge mich mit leichten Modifikationen an meinem „Turnierboot“. Ansonsten ist Winterarbeit am großen Boot angesagt, so gut es eben bei der Kälte geht.

April 2013: Großes Boot im Wasser. Modellboot steht jetzt erstmal hinten an. Aber langsam kommt wieder die Lust - hin und wieder schon mal eine vorsichtige Trainingseinheit. Nur nicht die Fingerfertigkeit verlieren. Im Forum wird nachgefragt, wer Interesse an der Euro hätte. Ich melde mich schon mal an. Nach den German Open soll die Mannschaft ausgesucht werden.

Mai 2013: Endlich Wetter zum großen Segeln. Modell kommt mit und muss sich ab und an in der Ostsee bewähren. Ich verzichte auf Regatten, weil ich dann doch das große nicht liegen lassen will. Daher muss ich etwas mehr trainieren. Montags abends im Yachthafen -  das muss reichen.

Juni 2013: Endlich geht's los. GMMC in Schotten - die deutsche Meisterschaft der MM´s mit internationaler Beteiligung. Wie früher zur Piratenzeit geht es mit vollgepacktem Auto, Zelt und allerhand Equipment los. Durchwachsenes Wochenende - am Ende wollen wir nicht darüber reden, aber ich bin wenigstens noch auf Rang 9 in der Rangliste. Nun wird es ernst. Die Interessenten an einem Startplatz für die Euro müssen Farbe bekennen und sagen, ob sie nach Holland fahren. Diesmal werden pro Land nur 3 Plätze vergeben. Ich bin dabei!

Juli 2013: Erst mal Urlaub mit dem großen Boot! 2 Modelle kommen mit und ich komme sogar ein wenig zum Trainieren. Als Trainingspartner fungiert immerhin kein geringerer als Michael Müller höchstselbst an einem kitschig schönen Sommerabend auf Omö.

August 2013: Man setzt mich als Teamchef ein und nun gibt‘s auch noch Arbeit zusätzlich. Ich muss Teamkleidung organisieren, Meldegeld nach Holland überweisen, Hotel organisieren. Es gibt Absagen und Aufrücker, zusätzliche Plätze und somit eine erweiterte Mannschaft.

altFast nebenbei muss ich mein Boot wieder auf Europaniveau bringen. Im Gegensatz zu Deutschland darf man auf internationaler Ebene nur mit dem Standard-Kielgewicht des Bausatzes segeln. Für mehr Wind muss man also bekanntermaßen kleinere Segel machen. Daher braucht man 3 -4 Riggs für alle Eventualitäten. Also muss ich noch neue Riggs bauen. Glücklicherweise hat ein spezieller Drachenladen in Flensburg nun auch eine 25my Mylar - Gitterfolie, die sich hervorragend für die Segel eignet. Viele Segler lassen sich die Segel von speziellen Modellsegelmachern bauen. Ich baue meine Segel selbst! Das gebietet die Modellbauerehre.

Um die Segel herzustellen gibt es eine sogenannte Schildkröte. Eine Art Formteil, über dem die Segel ins Profil geklebt werden. Ich verbringe also etliche Abende mit Zuschneiden und Kleben von 4 Groß- und 3 Vorsegeln. Zudem muss ich noch am Mastfuß etwas machen. So kommt zu den Segeln noch ein wenig Feinmechanik für einen ganz neuen, verstellbaren Mastfuß dazu. Entscheidend ist beim Modellsegeln, dass auch das ferngesteuerte Boot möglich völlig von allein am Wind segelt, ohne dass man es steuern muss. So ist sehr viel Einstellungsarbeit notwendig, um für alle Riggs den richtigen Schwerpunkt zu ermitteln. Dafür braucht es einen leicht verstellbaren Mastfuß.

 

 

 

Montags ist Training im Yachthafen. Ich kann also einiges gleich ausprobieren. Leider ist selten Wind für die kleinen Segel. So muss ich hoffen, dass es funktioniert. 

altSeptember 2013: Es wird nun ernst. Unser deutsches Team ist auf 5 Starter angewachsen. Die Teamjacken kommen und werden mit Beschriftung versehen. Im letzten Moment baue ich die Transportkiste nochmal um, um alle Riggs damit transportieren zu können. Dann geht es am Donnerstag los Richtung Rotterdam. Ich komme fast bis zum Austragungsort. Leider brauche ich dann für die letzten 40 km noch mal 2 Stunden. So wird es nichts mit dem Einsegeln - dafür gibt es im Hotel gleich ein Bier mit einigen Holländern, den Italienern und den Engländern.

Am Freitag geht es dann endlich richtig los. Zuerst einchecken und dann das Boot samt Segel vermessen. Alles besteht die Prüfung, und ich kann endlich „einsegeln“. Stefan muss seinen Kiel nachschleifen, um den erlaubten Maximaltiefgang einzuhalten. Die anderen Teammitglieder kommen auch ohne Probleme durch die Prüfungen.

Die holländischen MicroMagic Segler haben eine Top Organisation aufgebaut: Start und Ziel mit je 3 Leuten. An jeder Tonne mind. einen Beobachter, einen Mann mit Gummiboot, und über alles wachend Albert ter Braak, der mit klaren Ansagen die ganzen drei Tage die Veranstaltung sehr souverän geleitet hat. Die Disziplin auf dem Wasser war sehr gut.

 

 

 

 

Dies wohl auch durch einen kleinen Trick hervorgerufen: wer einen Regelverstoß selbst einsieht, darf sich mit einem Kringel entlasten. Wer von einem Schiedsrichter eine Strafe zugesprochen bekommt, muss 2 Kringel drehen. Das hat sehr gut funktioniert. Zum Segeln selbst gibt es zu sagen, dass es unglaublich spezielle Bedingungen waren. Die doch sehr seltene Ostwindlage um diese Jahreszeit führte dazu, dass wir direkt in Lee eines Waldes segeln mussten. Es gab Dreher und Böen in erheblichem Ausmaß, was speziell für mich gar nichts ist.

Wer sich ein Bild von einer solchen Regatta machen möchte, schaut einfach mal auf Youtube rein. Unter „MM2013 Day2“ ist ein schöner Überblick zu sehen. Die Abende wurden vom örtlichen Segelverein im Vereinsheim mit Buffet und ordentlich Bier sehr zünftig ausgerichtet. Auch hierfür noch mal meinen besonderen Dank an die Ausrichter.

Es war eine tolle Veranstaltung mit vielen netten Gesprächen.alt

Es bleibt festzuhalten, dass in dem sehr anspruchsvollen Feld von 47 Teilnehmern aus 12 Ländern John Tushingham, GBR 51, aus England verdient Europameister wurde. Vor Guillermo Beltri, ESP 100, und Lazlo Csoka Jun., HUN 23.

Die Deutschen fahren üblicherweise hinterher. So auch dieses Mal. Ich konnte zwar meiner Rolle als Teamchef wenigstens dahingehend gerecht werden, dass ich mit Platz 27 bester Deutscher wurde. Die anderen Platzierungen in Reihenfolge:

GER 188 Ralf Bohnenberger

GER 139 Stefan Ungeheuer

GER 1312 Kalle Saage

GER 30 Martin Clemens

Mehr ging unter den Bedingungen leider nicht. Ich bin zwar seglerisch nach meinem 16. Platz vor 2 Jahren nicht zufrieden, die Veranstaltung war aber wieder ein tolles Erlebnis. Es macht immer wieder Spaß, mit Seglern aus anderen Ländern zu segeln und zu sprechen.

 

 

Um weiter vorn zu segeln, muss man allerdings viel intensiver trainieren als wir hier. Alle, die hier vorn sind, segeln mindestens 1x die Woche in Feldern bis zu 15 Booten. Da merkt man dann die Routine in der Bootsbeherrschung.

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So haben wir noch eine schöne Lernkurve vor uns und freuen uns auf die nächste EM 2014 in Alicante. Dazu muss allerdings die Platzierung in der deutschen Rangliste stimmen... Daher mache ich jetzt mit dem Schreiben Schluss und gehe in die Werkstatt.

 

 

 

 

 

 

 

 

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